Catrin George Ponciano · Angelika Fischer
Das Lissabon des Fernando Pessoa
Der unscheinbare Herr, der stets akkurat gekleidet durch Lissabon flanierte, als sei die portugiesische Hauptstadt sein persönlicher Salon, war Fernando Pessoa (1888 – 1935), unbestritten der größte portugiesische Dichter der Neuzeit. Neben seinem Brotberuf als Handelskorrespondent schuf er in der Zurückgezogenheit seines Junggesellenlebens ein eindrucksvoll vielschichtiges Werk. Als Lyriker, Essayist und Redakteur fasste er Fuß und gab die futuristische Avantgarde-Zeitschrift „Orpheu“ heraus – ein nachhaltiges Sprachrohr der literarischen Moderne. Portugals Lyrik verdankt Pessoa eine Reihe erfundener Dichtergestalten wie Alberto Caeiro, Ricardo Reis, Álvaro de Campos und den Hilfsbuchhalter Bernardo Soares. Ausgestattet mit eigener Biografie entstanden so neben Pessoas Hauptwerk, bedeutende Nebenwerke unter fremden Namen, aber dennoch aus Pessoas Feder. Dazu zählt das „Buch der Unruhe“, in dessen Gedankenfragmenten sich des Dichters intime Reflexionen über seine Nation und ihre Menschen spiegeln und melancholisch-poetisch die Seele Lissabons aufersteht.